Aabachtobel Neuhaus: Öffnung erst im Frühling 2023 möglich

15. Oktober 2022
Noch in der letzten «Eschenbach aktuell»-Ausgabe wurde in Aussicht gestellt, dass das Neuhüslertobel demnächst freigegeben werden kann. Nach dem teils intensiven Regen der letzten Wochen empfehlen die beigezogenen Experten nun jedoch, mit der Öffnung bis ins Frühjahr 2023 zuzuwarten.

Wie es zu dieser Einschätzung kommt, erfahren Sie im Interview mit den Geologen Yves Bonanomi (Dipl. Natw. ETH, Geologe) und Christian Kuenz (M.Sc. Erdw. ETH).

In den letzten Wochen ist mehrfach Regen gefallen, weshalb kann das Neuhüslertobel nun widererwarten doch nicht Freigegeben werden?
Mit den intensiven Regenfällen ist im Sprengbereich wie erwartet nochmals reichlich Lockermaterial auf den Weg gespült worden. Dadurch wurden wiederum einige Blöcke in der Wand ersichtlich, die sich wohl durch die Sprengung gelockert haben. Es ist davon auszugehen, dass einige Frost-/Tauperioden solche noch lose Kluftkörper weiter lösen oder gar zum Absturz bringen. Anschliessend kann der Sprengbereich als gleich sicher wie der Rest des Weges beurteilt werden.

Das Aabachtobel scheint nicht zur Ruhe zu kommen, weshalb ist der Fels noch immer in Bewegung?
Das Aabachtobel war schon immer in Bewegung. So berichten auch Anwohner, dass es bei Regenwetter regelmässig zu Steinschlag kommt. Beim massiven Felssturz löste sich ein grosser Teil der instabilen Masse. Mit der Sprengung wurde der Rest kontrolliert zum Absturz gebracht, so dass künftig an dieser Stelle nicht mehr mit grösseren Niedergängen zu rechnen ist. Die generelle Steinschlaggefährdung wurde aber auch dadurch nicht vollständig eliminiert.

Es war nie Ziel der Massnahmen, die Sturzprozesse und Hangbewegungen im Aabachtobel vollständig zu verhindern. Das wäre – wenn überhaupt – nur unter unverhältnismässig hohem Aufwand möglich (Vernagelung oder Steinschlagvorhang/-netz). So bleibt ein Restrisiko und es ist auch künftig mit Steinschlag zu rechnen.

Wie ist der Felssturz im Aabachtobel einzuordnen? Kommt so etwas in unserer Region oft vor?
Der Felssturz ist aufgrund der geografischen Lage und der Grösse als ausserordentliches Ereignis zu werten. Der Niedergang ist das Resultat einer 15'000 Jahre währenden Verwitterung – gepaart mit menschlicher Tätigkeit (Wegebau im Fels). Dass sich ein solcher Abbruch in den nächsten Jahrzehnten im Aabachtobel wiederholt, ist eher unwahrscheinlich.

Ist die Sprengung im Juni in Ihren Augen erfolgreich verlaufen? Die Sprengung ist so abgelaufen, wie geplant. Die instabile Masse konnte zum Absturz gebracht werden, wodurch sich die Gefährdung insgesamt massiv reduziert hat. Wie gewollt, besteht die Sprengmasse aus zum Teil sehr grossen Blöcken. So fliesst der Aabach unter der Schuttmasse durch, ohne sich zu stauen.

Weshalb wird keine Nachsprengung gemacht, um den Weg schneller freizugeben?
Eine Nachsprengung ist weder erforderlich noch sinnvoll, weil aktuell keine instabilen Felspakete erkennbar sind. Nochmaliges Sprengen würde höchstens erneut weitere Felspartien auflockern. Die natürliche, witterungsbedingte Setzung des Gebiets ist der nachhaltigste Weg, um die wenigen und kleinen noch vorhandenen losen Kluftkörper und das noch «hängende» Lockermaterial zu räumen.

Kann es im Frühling nochmals zu Verzögerungen kommen? Wir rechnen aktuell nicht mit weiteren Verzögerungen. Vor der Wiedereröffnung können letzte kleine Felsblöcke noch entfernt werden. Danach sollte das Gebiet ausreichend sicher sein, um den Weg wieder freizugeben. Letztlich geben hierbei aber immer äussere, nicht beeinflussbare Faktoren (Wetter, Erosion usw.) den Takt an.
 

Impressionen von der Sprengung

Mit dem folgenden Video können Sie sich schon heute ein Bild machen von den eindrücklichen geologischen Veränderungen im Aabachtobel.